Der Schneegänger by Herrmann Elisabeth

Der Schneegänger by Herrmann Elisabeth

Autor:Herrmann, Elisabeth [Herrmann, Elisabeth]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: GOLDMANN
veröffentlicht: 2014-12-15T23:00:00+00:00


21

Was ging da vor sich? Diana Jessen sah auf ihre Armbanduhr, ein schmales, sportlich-elegantes Exemplar aus Rotgold. 16:10 Uhr. Drei Wagen standen mittlerweile vor Siegfrieds Haus, einer davon ein Transporter. Ein halbes Dutzend Männer und eine Frau waren ausgestiegen, klobige Koffer in der Hand, und zunächst ins Kutscherhaus gegangen. Auch wenn sie vom Wohnzimmerfenster aus einen erhöhten Blick auf das Grundstück gegenüber hatte, blieb das weitere Vorgehen der Truppe hinter den hohen Büschen verborgen.

Ein Mann trat aus dem Vordereingang. Ihn hatte sie schon einmal gesehen. Der Polizist. Aber wer war die schlampige blonde Frau neben ihm, mit der er noch ein paar Worte wechselte?

Diana lief in die Diele und holte aus dem alten Bauernschrank ihren Parka hervor. Gerade wollte sie in ihre Stiefel schlüpfen, als sie hörte, wie oben eine Tür zuschlug. Bitte nicht, dachte sie. Doch ihre Mutter kam schon die Treppe hinunter.

»Du gehst noch mal weg? Du hast doch um halb deinen Termin bei Wolfram.«

»Ja.« Sie zog die Reißverschlüsse hoch und pustete sich eine Strähne aus der Stirn. »Ich will bloß einen kurzen Spaziergang machen. Ich habe Kopfschmerzen.«

»Willst du eine Tablette?«

»Nein. Nur frische Luft.«

Kaum war Diana vor der Tür, schlug sie die Kapuze hoch. Die Kälte schmerzte in der Lunge, und der kurze Gang über die Straße war mühselig und kräftezehrend. Dieser Winter war wirklich eine Herausforderung. Alle waren am Ende. Erkältet, depressiv, ausgelaugt. Wenigstens wurde es nicht mehr ganz so früh dunkel. Licht, dachte sie. Wir alle brauchen Licht.

Durch die getönten Scheiben versuchte sie ins Innere des Transporters zu spähen, konnte aber nichts erkennen. Das Gartentor war angelehnt. Sie drückte gar nicht erst auf die Klingel, sondern lief gleich links um die Ecke zum Wirtschaftseingang. Dort blieb sie mit klopfendem Herzen stehen und spähte hinüber zum Kutscherhaus.

Gerade kam Theodor aus der Garage und wischte sich mit einem Lappen die Hände ab. Diana stieß einen leisen Pfiff aus, der ihn auf sie aufmerksam machte. Zu ihrer Erleichterung kam er auf sie zu.

»Herr Theodor, was ist hier los?«

Er steckte den Lappen in die Tasche seiner weiten Hose, zuckte mit den Schultern und wickelte den Schal noch fester um seinen Hals. »Hausdurchsuchung«, sagte er knapp.

»Und … was suchen sie? Vier Jahre nachdem das alles passiert ist?«

»Ich weiß es nicht, Fräulein Jessen. Es richtet sich auch gar nicht gegen uns.«

»Gegen wen denn dann?«

»Die Polizei hat Darko Tudor festgenommen.«

Sie nickte knapp. Sie hatte die Nachrichten gehört und selten eine derart beunruhigende Mischung aus Genugtuung und Nervosität gespürt.

»Die Beamten suchen, glaube ich, die Tatwaffe.«

»Die liegt doch längst auf dem Grund des Wannsees. Oder ist auf dem Müll gelandet. Das ist doch purer Aktionismus. Schikane. Wie geht es Lida?«

»Schlecht«, sagte er mit einer Stimme rau wie ein Reibeisen. »Sie hatte einen Zusammenbruch, und dann ist auch noch Darko im Krankenhaus aufgetaucht. Er war sehr wütend, sehr aufgebracht. Sie haben ihn dort festgenommen.«

»An ihrem Bett? Holy shit.«

Theodor sah zu Boden. Es ärgerte sie, dass er nicht einer Meinung mit ihr war. Oder dass er seine einfach hinterm Berg hielt. Sie fand, dass sie etwas mehr Vertrauen verdient hatte.



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